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Wer nicht hören kann, muss (ab-) sehen

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Menschen mit Hörbehinderung stoßen auch in der Erwachsenenbildung auf verschiedene Barrieren. Ein neues Video zeigt, wie man diese abbauen kann, damit ein inklusives Lernen möglich wird.

 


 „Als erstes muss man verstehen, wie so ein Hörgerät funktioniert.
Hörgeräte können das menschliche Ohr nämlich nicht eins zu eins ersetzen.  
Vor allem beim Verstehen von Sprache gibt es einen großen Unterschied.
Normal hörende Menschen können das, was gesprochen wird
aus den anderen Geräuschen, die im Raum sind, herausfiltern.
Bei schwerhörigen Menschen sind alle Geräusche zu einem „Brei“ im Hörgerät vermischt.“

Markus Bräuer weiß, wovon er spricht, denn er ist selbst schwerhörig. Er arbeitet als Trainer in der Erwachsenenbildung und seit 2008 hat er eine eigene Praxis
für Psychotherapie, Supervision und Coaching in Wien (www.markus-braeuer.at)


Das Rascheln von Papier, das Klicken eines Kugelschreibers, das Husten des Sitznachbarn,
all diese Geräusche machen es Menschen mit Hörbehinderung schwer, Sprache zu verstehen.
Für einen guten Kursbetrieb ist es daher wichtig, dass es möglichst keine Nebengeräusche gibt und immer nur eine Person spricht. Gerade das ist aber bei einem Kurs, wo mehrere Menschen zusammenkommen, nicht immer leicht.

 

Das bestätigt auch Charlotte Knees. Die Musiktherapeutin ist seit vielen Jahren in der inklusiven Erwachsenenbildung tätig.

„Was für Menschen mit Hörbehinderung ganz wichtig ist – was aber auch für alle anderen Kursteilnehmenden von Vorteil ist – ist eine Disziplin beim Sprechen und bei der Sprechabfolge zu haben.“

 

 

Daher sieht sie Ihre Aufgabe als Kursleiterin unter anderem darin, die Gruppe zu moderieren,
also dafür zu sorgen, dass immer nur einer nach dem anderen spricht. Denn wenn mehrere Personen durcheinander sprechen, verstehen Menschen mit Schwerhörigkeit oft gar nichts mehr.

Aber auch die Akustik in einem Raum spielt eine Rolle.  
„Jeder Raum hört sich ein bisschen anders an. Manche sind sehr hallig.“ meint Markus Bräuer.
Um diesen störenden Nachhall abzuschwächen, empfiehlt er einfach irgendetwas in den Raum hineinzustellen, z.B. Pflanzen, Teppiche oder Vorhänge.
Auch mit einer eingezogenen Akustikdecke kann man die Akustik bei hallenden Räumen deutlich verbessern.

 

So sieht das auch Claudia Resch. Die Ernährungs- und Gesundheitswissenschafterin ist seit Geburt hochgradig schwerhörig.
Schon während ihres Studiums hat sie erfahren, welche Voraussetzungen es braucht, um Menschen mit einer Hörbehinderung eine erfolgreiche Teilnahme an der nachschulischen Bildung zu ermöglichen.

 

 

 

Bei einem Kurs sitzt sie am liebsten gleich gegenüber der Kursleitung. Der direkte Sichtkontakt zur vortragenden Person ist für sie sehr wichtig. Durch die Kombination von Hören, Blickkontakt und Absehen vom Mund – also Lippenlesen - kann sie dem Vortrag am besten folgen.

Dazu braucht es vor allem gute Lichtverhältnisse. Bei Gegenlicht – zum Beispiel wenn die Kursleitung vor einem Fenster steht – ist das Gesicht schlecht erkennbar und dies erschwert auch das Absehen vom Mund.

Ihr hilft es auch, wenn die Kursleitung wichtige Informationen auf ein Flipchart oder eine Tafel schreibt. Dabei ist es wichtig, dass man nicht gleichzeitig schreibt und spricht,
sondern beim Sprechen immer auf den Sichtkontakt achtet.
Eine deutliche Aussprache, ein langsames Sprechtempo, einfache Sprache und kurze Sätze erleichtern ebenfalls die Verständlichkeit.

Besonders wichtig ist ihr jedoch, dass ihr die Kursleitung das Gefühl gibt,
akzeptiert zu werden, zum Beispiel indem Sie nachfragt, ob alle Teilnehmenden sie gut verstehen.
Das sieht auch Charlotte Knees so. Sie sieht ihre Verantwortung als Kursleiterin darin, einen Lernraum zu schaffen, der es allen TeilnehmerInnen ermöglicht ihren Bedürfnissen gerecht zu lernen.

 

Die Aussagen der drei ExpertInnen sowie zahlreiche Tipps zur Barrierefreiheit in der Erwachsenenbildung finden Sie in dem Video „Bildung für ALLE – Schwerpunkt Hörbehinderung“.
Hier zum ansehen sowie auf unserer Website unter Material.

 

Eine Produktion von biv – die Akademie für integrative Bildung.

Interviews mit Markus Bräuer, Claudia Resch und Charlotte Knees
Konzept: Beate Dietmann und Cornelia Maria Gregor
Kamera & Gestaltung: Cornelia Maria Gregor

Logo von dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Das Video wurde vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz mit finanziert.

Autorin

Ilona Weigl ist Mitbegründerin von biv – die Akademie für integrative Bildung. Vor ihrer Pensionierung war sie dort 24 Jahre als Geschäftsführung tätig


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